Von Flo Wientjes
Genau vor einem Jahr entstand die Idee: „Lass uns nach Schweden fahren, sieht geil aus.“ Was damals mit einem spontanen Einfall begann wurde dieses Jahr in die Tat umgesetzt. Allerdings wurde der Trip trotz festem Beschluss, doch recht spontan geplant. Naja eigentlich gar nicht. Drei Wochen vor Abflug wurden die Tickets gebucht, schnell irgendwelche Videos von hiesigen Bouldern angeschaut und das Mietauto am Tag des Fluges organisiert. Soviel zu unserer Vorbereitung. So standen wir dann am Stockholmer Flughafen, schulterten unsere Pads, holten das Auto und los ging die vierstündige Fahrt nach Västervik. Dort angekommen mussten wir leider feststellen, dass der warme Sommer, Schweden nicht verschonte. So lernten wir zwangsläufig, wie man bei Temperaturen um die 24 Grad schwere Boulder bezwingt und dabei Ruhe und Geduld zu bewahren. Erstaunlicherweise habe ich mich aber recht schnell an Fels und Wetter gewöhnt und konnte mir schon in der ersten Hälfte des Trips einige der Klassiker sichern. Mein Freund Max dagegen fiel es sehr schwer sich mit der Hitze anzufreunden und brauchte etwas länger um in Fahrt zu kommen.
Fahrt ist auch das richtige Stichwort, denn das Bouldergebiet erstreckt sich über viele kleinere Sektoren rund um die Kleinstadt Västervik. Ohne Auto wären wir richtig aufgeschmissen gewesen. Doch die Fahrerei lohnt sich auf jeden Fall. Jeder Sektor glänzt mit individuellen Strukturen und zum Teil auch unterschiedlich schönen Felsfarben. Allerdings haben alle Gebiete auch ihre Gemeinsamkeiten. So findet man zum Beispiel vorwiegend „straight forewards“ an guten Leisten die stark an Standard Trainings Boulder aus der Halle erinnern.
Also wer auf „runandjumps“, multiple Weiterleitmoves und exorbitante 3D Kletterei steht muss sich zwangsläufig dem gesetzt des oldschool Kletterns unterwerfen oder weiterhin seine Leidenschaft in der Halle ausleben. Doch wer auf coole Leisten Kletterei an super skandinavischen Fels steht wird sich hier sofort heimisch fühlen. In den Sektoren Mårstrand, Bjørnblocket und Vargblocken zeigt Västervik sich auch noch von seiner Schokoladen Seite, indem es den Ästhetikern unter uns ein Haufen traumhafter Linien zum Probieren bereitstellt.
Aber wann sollte man sich denn jetzt in den Flieger hocken und in Västervik bouldern?
Grundsätzlich spricht nichts gegen den Sommer, da sich einem der skandinavische Flair in voller Blüte zeigt. Einerseits kann man wandern, radeln und in den zahlreichen Seen schwimmen, zum anderen sind da ja auch diese Boulderblöcke (Sofern man von Hitzewellen verschont bleibt). Die zahlreichen Ruhetag-Beschäftigungen im Sommer sind unermesslich und lassen sich prima kombinieren. Untertags kann man sich die Taschen mit Blaubeeren, diversen Pilzen und Zecken vollstopfen und Abends sein Glück als Hobbyangler versuchen. Wer sich seinen sozialen Trieben hingeben will, kann sich in eines der vielen netten Kaffees in Västervik hocken, WLAN schnorren und den einheimischen beim Pokémon Go spielen zuschauen.
Wer jedoch auf harte Boulder Einheiten steht und viel an einem Tag machen will sollte wohl eher auf den Frühling und den Herbst ausweichen.
Västervik bietet im jeden Schwierigkeitsgrad viele tolle Probleme, vor allem für Kletterer die sich in der Range von 7B – 8A zuhause fühlen. Voraussetzungen sind eine gute Grund Spannung und Fingerkraft. (und in vielen Fällen eine akzeptable Spannweite 😉
Wie alle schönen Dinge verging die Zeit hier in Schweden viel zu schnell, doch alles in allem war es ein super schöner Trip. Keine Verletzungen, kein Regen und keine Menschenmassen, wie es in vielen anderen Gebieten der Fall gewesen wäre. Für mich persönlich war es einer der erfolgreichsten Boulder Urlaube die ich je hatte. Das liegt einerseits an der Masse an 8a (und schwerer) Bouldern die ich klettern konnte und zum anderen an den vielen neuen Erfahrungen die ich gesammelt habe.
So jetzt hab ich doch mehr gelabert als ich geplant hatte. In diesem Sinne: Besucht Västervik, genießt den skandinavischen Flair und vergesst eure Zeckenzange nicht 😉 ✌