von Freddy
Von Selbstverständlichkeit zu Besonderheit
Vor fünf Monaten nahm ich noch mit Selbstverständlichkeit an der Süddeutschen Meisterschaft und der Climb Free teil. Vorletzte Woche war meine Teilnahme an der Münchner Stadtmeisterschaft in Freiman für alle eher überraschend. Auch regelmäßige Wochenendtrips zum Bouldern im Magic Wood, Zillertal oder Tessin gehörten in meinem Leben wie tägliches Zähneputzen. Doch diesmal war mein Boulderausflug nach Ginzling ins Zillertal etwas Besonderes und alles andere als selbstverständlich.
Lernprozess ohne schweres Bouldern
Zu Beginn der vergangenen fünf doch sehr harten Monate mit nur eingeschränkter Aktivität dachte ich noch, dass mein Unfall auf der Climb Free und meine beiden Knie-OPs mich in meiner Kletterleistung um einiges zurückwerfen werden. Schließlich habe ich insgesamt drei Monate auf Krücken verbracht, einige Wochen im Schwierigkeitsgrad bis 5c gebouldert und darf auch in nächster Zeit noch nicht runterspringen, geschweige denn experimentelle Beinstellungen ausprobieren.
Doch inzwischen bin ich anderer Ansicht, nein sogar fest davon überzeugt, dass ich trotzdem sehr viel für mich und meinem Bouldersport gelernt habe. Zum einen habe ich das Bouldern und sich sportlich betätigen zu können wieder richtig schätzen gelernt: Ständig werde ich drauf angesprochen, ob es nicht langweilig und traurig wäre, weil ich nicht an meiner Leistungsgrenze bouldern kann und in der Boulderauswahl so eingeschränkt bin. Ganz im Gegenteil, ich bin nach so einer langen Zeit einfach über jeden einzelnen Kletterzug den ich machen kann dankbar und habe meine Freude in leichteren, aber trotzdem schönen Bouldern.
Zum anderen merke ich, dass ich mich, die Boulder und mein Können immer besser einschätzen kann. Sobald man nicht mehr abspringen darf und die Boulder immer wieder runter klettern muss oder hoch kommen muss um auszutoppen, überlegt man lieber einmal öfter ob das funktioniert. Zugegeben auch jetzt noch bin ich eher der Typ für „no risk no fun“ doch erneut brauch auch ich keinen Knieunfall. Es ist schon etwas Spannendes mit dabei, wenn man jedes Mal sein Können gegenüber dem Boulder abgleichen muss. Ich denke dadurch lernt man seine Grenzen besser kennen und auch die Konzentration und die Fähigkeit Boulder zu flashen steigt.
Sicher hätte ich mir das alles gern erspart, doch man muss sich auch die positiven Seiten bewusstmachen und die Situation nutzen etwas draus zu lernen 😉
Lernen durch Lehren und sich motivieren lassen!
In den letzten Wochen habe ich meinen starken Trainingskids von den Boulderwelt Youngsters bei ihren Vorbereitungen auf ihre Wettkämpfe und an einigen ihrer Wettkampftage zur Seite gestanden, darüber hinaus mit ihnen ihre Fortschritte und Erfolge geteilt. Beim Bouldern zuzusehen und Kids bei ihren Erfolgen zu unterstützen ist für mich nach selber Bouldern das zweit schönste auf Erden! Jede Woche lerne ich von den Kids etwas Neues, lass mich von ihrer jugendlichen Euphorie anstecken und nehme neue Motivation mit.
So war ich auch gemeinsam mit den Kids in Freiman auf der Münchner Stadtmeisterschaft und der letzten Qualifikationsrunde für die Bayerische Meisterschaft. Es war ein recht komplexer Wettkampf mit Bouldern, Speed und Lead und wir haben bis heute noch nicht alles bei der Wertung verstanden, doch das worauf es ankam haben wir geschafft: Es hatten alle Spaß, wir haben alle ziemlich toll geklettert und unser Bestes gegeben! Am Ende konnten Johanna, Mareike und Frederik sich für die Bayrische Meisterschaft im E4 qualifizieren und Melike holte sich einen 8.Platz in der Bayerischen Gesamtwertung für die Jugend D.
Ich bin sehr stolz auf all unsere Boulderwelt Youngsters, die in den vergangenen Wochen auf sämtlichen Wettkämpfen ziemlich gerockt haben und mich jedes Mal wieder beeindrucken. Umso mehr freue ich mich auf das kommende Wochenende mit den Kids bei der Bayerischen Meisterschaft in der Boulderhalle E4.
Einmal Wettkampfkletterer, immer Wettkampfkletterer!
Achja und fast hätte ichs vergessen. Ich konnte irgendwie die Finger bei der Münchner Stadtmeisterschaft in Freiman nicht in meiner Hosentasche behalten und habe doch auch den ein oder anderen coolen Boulder gemacht. Leider gab es eine Gegenveranstaltung in Erlangen, wo die meisten starken Athleten und auch das restliche Boulderwelt Team mitgemacht haben. So gab es in München nur wenige Teilnehmer und ich belegte den 6. Platz. Das reichte für die Gesamtwertung der Oberlandcups und für den Wanderpokal!
Es war schon ziemlich aufregend an einem Wettkampf teilzunehmen, wenn man nicht runterspringen darf. Dazu gehört gleichzeitig Mut und Disziplin innerhalb seiner Grenzen zu bleiben. Es war für mich eine Ehre mitmachen zu dürfen und den Wanderpokal, den Afra letztes Jahr gewonnen hatte, für die Boulderwelt zu verteidigen. Dadurch habe ich wieder mehr Selbstsicherheit und neue Kraft für den kommenden Weg gewonnen.
We all live in a yellow submarine
Ein etwas merkwürdiger Ohrwurm für einen Bouldertag im Wald von Ginzling. Aber das passte wohl zu dem etwas eigenem Bouldertag. Der Wald war unberuhigend leer, die Temperaturen angenehm kühl und die Bäume ungewöhnlich frei fallend. Aber wir (Mein Bruder und ich) ließen uns davon nicht stören und machten so unsere Wege durch den Wald vorbei an einigen schönen Bouldern, wie Schwarzes Loch, Links ausn, Bipopalula und natürlich Yellow Submarine.
Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht wieder Felsen unter den Fingerspitzen zu fühlen und einfach mal wieder raus zu kommen. Es tut wahnsinnig gut kontinuierlich Fortschritte zu machen und meinem „Selbstverständlichen Boulderleben“ immer ein bisschen näher zu kommen. Ich freue mich auf die nächste Zeit und auf meine nächsten Ausflüge und bin sehr gespannt!