von Steffen Hilger
Städte aus Wolkenkratzern, rote Sandsteintürme und ewige Weiten…
Das ist das Erste, was einem zu den drei Buchstaben USA einfällt. Auf meiner Reise mit Julia suchten wir genau das. Anfangs flogen wir in den Osten zur „Red River Gorge“ – kein unbekannter Ort unter Kletterern. Und zu Recht, denn die Felsqualität lässt keine Wünsche offen. Lange und oftmals steile Wände ragen hier aus den grünen Hügeln Kentuckys, gespickt mit unzähligen Löchern, so groß, dass man sich teilweise sogar hineinsetzen kann! Eine solide Ausdauer sollte man allerdings mitbringen. Oftmals sind die Routen von unten bis oben durchgehend ohne Rastposition. Bei einem Durchstieg weiß man dafür aber um so mehr, was man geleistet hat.
Nach 10 Tagen ging der Flieger weiter nach Las Vegas – eine Stadt wie keine Andere!
Die leuchtenden Fassaden der Hotels, beziehungsweise der Wahrzeichen der ganzen Welt, sind schon sehr beeindruckend. Diverse Lichtershows und verschiedenste Attraktionen lassen die Zeit hier viel zu schnell vergehen. Aber wir hatten noch viel vor…
Es folgten die großartigen Nationalparks Zion, Arches und Grand Canyon. Im Kolob Canyon fanden wir einige der besten Routen, die ich je gesehen habe. Die dunkelrote „Namaste Wall“ bietet großartige Kletterei an riesigen Schuppen und Taschen. Steiler Sandstein zieht hier schier endlos in die Höhe. Der Traum eines jeden Kletterers! Besonders fasziniert hat mich der Bryce Canyon. Wenn man ein Stück hinunterwandert, taucht man ein in eine andere Welt. Es scheint wie eine Stadt aus roten, gelben und weißen Felstürmen zu sein. Bei Sonnenaufgang bietet sich hier ein einzigartiger Blick. Unsere Fahrt führte uns natürlich auch zum Antelope Canyon und durch das bekannte Monument Valley. Das sind alles Bilder, die man so schnell nicht mehr vergisst.
Dann wurde es aber erst so richtig spannend. Jetzt gings nämlich an unsere ersten Trad-Routen. Hier sind keinerlei Bohrhaken platziert. Die gesamte Absicherung erfolgt lediglich durch das Legen von Friends und Klemmkeilen in Felsspalten. Dazu kommt, dass man in Trad-Routen oft Risse und Verschneidungen gepaart mit sehr glatten Wänden vorfindet. So wird der 5er oder 6er gleich zum Abenteuer und fühlt sich eher wie ein 8er oder 9er an…
Aber Schwierigkeitsgrade hin oder her, wir kletterten wirklich tolle Linien mit viel Adrenalin und verkrampften Wadeln von den Reibungstritten. Im „Indian Creek“ oder „Smith Rock“ gibt es hier noch genug zu tun für so einige Kletterleben.
Vorbei am Crater Lake führte unsere Reise zu den riesigen Mammutbäumen des Redwood Forest in Kalifornien. Wenn man durch diesen gigantischen Urwald läuft, kommt man sich wirklich winzig vor. An der Küste kamen wir zu einem kleinen, aber feinen Klettergebiet direkt über der Gischt des Meeres. Nach steigender Flut war es plötzlich gar nicht mehr so leicht, von den Lavablöcken zurück zum Auto zu gelangen. 😀
Unsere verbleibende Zeit wurde zunehmend knapper und wir mussten die letzten Ziele jetzt etwas kürzer fassen. Ein Tag in San Francisco musste uns reichen für die Golden Gate Bridge und den Fisherman`s Wharf. Doch das Yosemite Valley darf man natürlich nicht verpassen. Erst recht nicht als Kletterer! So machten wir eine Mehrseillängentour auf den Lembert Dome in den „Tuolumne Meadows“. Über den Granitpanzer mit richtig weiten Hakenabständen gelangten wir zum schönen Gipfel. Hier schweift der Blick über den grünen Talkessel bis zum Half Dome.
Am nächsten Morgen erlebten wir diese wunderbare Natur so intensiv, wie selten sonst. Wenn Nebelschwaden über die Seen ziehen und sich die schneebedeckten Berge im Wasser spiegeln. Wenn Elche über die gelben Wiesen streifen und die Sonne die Felsen in goldenes Licht taucht. Wenn man sich dann die Zeit nimmt, um das zu genießen, gibt es im Moment nichts anderes mehr. Einfach nur schauen, staunen…
Temperaturunterschied. Von 5° Celsius auf 3000 Metern Höhe bis 46° Celsius im Death Valley unterhalb des Meeresspiegels. Nach einer rasanten Achterbahnfahrt auf dem Dach eines Hotelturms verließen wir schließlich wieder das funkelnde Las Vegas in Richtung München. Wegen des Jetlags verschlief ich den nächsten Tag erstmal komplett und kam ein wenig später an. J
Dieser Amerikatrip mit meiner Freundin Julia war definitiv eine Reise fürs Leben. Diese intensiven Erlebnisse und beeindruckenden Landschaften werde ich sicher noch lange im Kopf behalten.