Ich heiße Nicholas Perreth, 37 Jahre alt und bin in Großbritannien geboren, aber dann früh nach Deutschland gekommen und hier sehr oft umgezogen bis ich vor knapp 5 Jahren in meiner Wahlheimat München gelandet bin. Hier habe ich dann erst meine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann in einer großen Kletterhalle gemacht bevor ich nun seit Februar 2020 in der Boulderwelt als Service Manager arbeite.
Wie bist Du zum Paraclimbing gekommen?
Von 2004 bis 2014 habe ich sehr viel Zeit im Krankenhaus verbracht und dort ist dann meine Faszination für Berge, Natur und Sport in den Bergen langsam aber stetig gewachsen. Mit der Amputation im Jahre 2014 war ich dann extrem motiviert neue Sachen auszuprobieren und ich wollte irgendwie an Wettkämpfen teilnehmen. Zuerst hab ich Skifahren gelernt, was sehr gut geklappt hat aber um bei Wettkämpfen mitzumachen hätte ich noch viel mehr Zeit investieren müssen und durchaus auch die eine odere Verletzung in kauf nehmen müssen. Ein Freund hat mich aber mal mit zum Bouldern genommen und seitdem bin ich dem Boulder – und Klettervirus verfallen und seit Ende 2017 Teil des Paraclimbing Teams.
Was ist für Dich anders als für Boulderer ohne körperliche Einschränkungen?
Ich hab schon das Gefühl das ich oft wesentlich kreativer an die Lösung eines Boulder Problems gehen muss. Auf der anderen Seite aber auch das fehlende anwenden von Techniken (Toe- und Heel Hooks) durch mehr Kraft ausgleichen muss.
Was bedeutet Bouldern für Dich?
Beim Bouldersport mag ich besonders die Geselligkeit und das gemeinsame überwinden von Problemen die jeder jedoch unterschiedlich wahrnimmt und löst. Für mich ist Bouldern genau der richtige Mix aus Kraft, Technik, Kreativität und Beweglichkeit und wenn ich dann total konzentriert in einer schwierigen Stelle an der Wand hänge, dann ist das immer etwas wie aktive Meditation, weil der Kopf ruhig ist und man nur auf die nächste kleine Bewegung konzentriert ist.
Warum bist Du im Boulderwelt Athletenteam?
Hier habe ich die optimalen Möglichkeiten zu trainieren da wir dort kompetente Trainer*innen und starke und motivierte Team Kollegen haben. Da wir im Paraclimbing Kader sehr verstreut leben und trainieren haben wir leider nicht so viele gemeinsame Trainingseinheiten zusammen wodurch ein individuelles Training mit direkten Ansprechpartner*innen sehr wichtig für mich ist.
Was ist Deine Vision oder Ziel als Paraclimber?
Mein großes Ziel ist tatsächlich weniger die ganz bestimmte Platzierung in den einem bestimmten Wettkampf zu erklettern. Natürlich freue ich mich drüber eine gute Platzierung zu belegen, aber mir geht es bei der ganzen Sache auch darum eine coole Zeit mit tollen, unterschiedlichen und faszinierenden Menschen zu haben und mich darüber freuen zu können eine zweite Chance in meinem Leben genießen zu können. Aber auch ganz bewusst die Komfortzone zu verlassen und meinen Horizont auf verschiedenen Ebenen zu erweitern.
Aber klar, jetzt wo Klettern olympisch und in absehbarer Zeit dann auch paralympisch wird ist eine ganz großes Ziel in meiner Wettkampf Kletter Karriere die erfolgreiche Teilnahme an den Paralympischen Spielen als Kletterer für das Deutsche Paraclimbing Team.
Kannst Du Lernerfahrungen beim Bouldern in den Alltag übertragen?
Absolut, kreative Lösungen für Probleme zu finden lässt sich im Alltag genauso anwenden, wie beim Bouldern an der Wand. Einfach mal einen Schritt zurück gehen, das Problem aus einem anderen Blickwinkel betrachten und einfach mal etwas versuchen, was Du vorher noch nicht versucht hast, bringt Dich einer Lösung oft einen Schritt näher.
Was möchtest Du für Tipps weitergeben?
Die haben gar nichts konkret mit Bouldern zu tun sondern eher mit einer generellen Herangehensweise an Probleme. Ich sehe immer als erstes die Möglichkeiten die sich durch ein Problem ergeben als das ich mich auf die Sachen fokussiere, die nicht funktionieren. Lässt sich beim Bouldern genauso wie im “normalen” Leben anwenden.
Fotos: Danke an Willi Nowak & Laura Schröder